Konzert
Late Night: a cappella
James Weeks, Leitung
Lasso / de Rore / Lusitano / Vicentino / Marenzio / Luzzaschi
Engelschor in höchster Konzentration, Ausschnitt aus Jan van Eycks Genter Altar, um 1432.
Faszinierend fragile Klangbilder: EXAUDI ist eines der weltweit führenden Vokalensembles mit einer ausgeprägten Affinität für die extremen Ränder neuer und alter Musik. Zu später Stunde sind die Sänger*innen nun auch beim Musikfest Berlin zu erleben, und das mit chromatisch spektakulär angereicherter Renaissance-Musik. Mit dem Sänger der päpstlichen Kapelle und Musiktheoretiker Vicente Lusitano ist außerdem ein Künstler vertreten, der heute als mutmaßlich erster in Europa verlegter Schwarzer Komponist gilt.
Das erste Stück des Abends, Orlando di Lassos Motette „Timor et Tremor“ (Furcht und Zittern), erfordert mit seinem expressiven chromatischen Einstieg höchste Vokalkunst. Was natürlich auch für die „Prophetiae Sibyllarum“ gilt: Vertonungen antiker Sibyllen-Weissagungen, die auf die Geburt des christlichen Erlösers hinzudeuten scheinen, weshalb sie im 9. Jahrhundert Eingang in die Liturgie fanden. Für weitere Höhepunkte sorgen auch die Motetten Luca Marenzios, Cipriano de Rores sowie die seines Schülers Luzzasco Luzzaschi, wobei das „Heu me Domine“ von Vicente Lusitano für eine besondere Entdeckung sorgen dürfte. Der Sänger der päpstlichen Kapelle wurde als Sohn eines Portugiesen und einer Afrikanerin geboren und ist eine der ersten komponierenden Persons of Color, deren Werke gedruckt wurden. Absolute sängerische Höchstleistungen erfordern schließlich die Madrigalfragmente von Nicola Vicentino, in denen der italienische Renaissance-Meister die chromatischen und enharmonischen Traditionen der antiken Musiktheorie in freier Weise auf die mehrstimmige Musik übertrug, was de facto zu einer fünfteltönigen Stimmung führte, deren allerfeinsten Schwebungen für faszinierend fragile Klangbilder sorgen.
Orlando di Lasso (ca. 1532 – 1594)
Timor et tremor
Ausgewählte Motetten aus dem zwölfteiligen Zyklus Prophetiae Sibyllarum
Cipriano de Rore (ca. 1515 – 1565)
Calami sonum ferentes
Da le belle contrade d’oriente
Vicente Lusitano (ca. 1522 – nach 1561)
Heu me Domine
Nicola Vicentino (1511 – 1576)
Hierusalem’
Musica prisca caput
Drei Madrigal-Fragmente: Soave e dolce ardore – Dolce mio ben – Madonna, il dolce pianto
Luca Marenzio (1553 – 1599)
O voi che sospirate
Solo e pensoso
Luzzasco Luzzaschi (ca. 1545 – 1607)
Quivi sospiri
EXAUDI
James Weeks – Leitung
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin