Konzert
Eröffnungstag: 1. Konzert
Thierry Fischer, Leitung
Ives / Ginastera / Villa-Lobos / Varèse
Keine traurigen Tropen: Ansicht von São Paulo mit dem Martinelli-Building, lange höchstes Gebäude Südamerikas, in den 1950ern. © ClassicStock / Alamy Stock Foto
Im Eröffnungskonzert zeigt das São Paulo Symphony Orchestra unter Thierry Fischer die große Bandbreite der Kunstmusik der vielen Amerika: Charles Ives erweckt den New Yorker Central Park zum Leben, Heitor Villa-Lobos die Klangwelten südamerikanischer Rhythmik. Das Violinkonzert des Argentiniers Alberto Ginastera wird von dem ukrainischen Violin-Virtuosen Roman Simovic spektakulär interpretiert. Und mit Edgard Varèses „Amériques“ findet die Utopie des unendlichen Raumes klangliche Form.
Naturlaut trifft auf Großstadtsound: Charles Ives wollte in „Central Park in the Dark“ (1906) ein „Tonbild von Naturklängen“ schaffen, die man damals „wahrnehmen konnte, wenn man an einem heißen Sommerabend auf einer Bank im Central Park saß“ – inklusive einer Ragtime-Battle zweier Pianolas, die von einem nahegelegenen Wohnblock herüberklingen, und einer durch die Szenerie laufenden Kapelle. Drei Jahrzehnte später erlebte auch Brasilien eine erste Urbanisierungswelle. Ein Soundtrack: Heitor Villa-Lobos’ schillernde Symphonische Dichtung „Uirapurú“, in der er die Wende zu einem nationalen Musikstil vollzog, der von der Volksmusik sowie den Sagen und Legenden seiner Heimat inspiriert wurde. Aufsehenerregend: die umfangreiche und ungewöhnliche Instrumentierung samt Violinophon, einer Geige mit metallenem Schalltrichter, und einem breiten Arsenal von südamerikanischen Percussion-Instrumenten. Neben diesen beiden Werken hat das von Chefdirigent Thierry Fischer geleitete São Paulo Symphony Orchestra Alberto Ginasteras kompromisslos modernes, farben- und facettenreiches Violinkonzert aufs Programm gesetzt. Der Solopart nicht nur des wilden Perpetuum-mobile-Finales ist nur so gespickt mit geigerischen Teufeleien, was ein spektakuläres Hörabenteuer garantiert – gespielt von dem 1981 in Lwiw geborenen ukrainischen Geiger Roman Simovic, der derzeit zu den gefragtesten Violin-Virtuosen zählt. Den Schlussakt bildet ein ikonisches Werk der Neuen Musik, das zugleich den Weg in diese Ausgabe des Festivals weist: Edgard Varèses „Amériques“ findet musikalische Formen für die Utopien des weiten Raumes, der Imaginationen, Entdeckungen, der Urbanisierung, Industrialisierung und Ausbeutung als den das alte Europa die Neue Welt lange erachtete.
Charles Ives (1874 – 1954)
Central Park in the Dark (1906, rev. ca. 1936)
für kleines Orchester
Alberto Ginastera (1916 – 1983)
Konzert für Violine und Orchester (1963)
Heitor Villa-Lobos (1887 – 1959)
Uirapurú (1917 – 1934)
Sinfonische Dichtung für Orchester
Edgard Varèse (1883 – 1965)
Amériques (1918 – 1921, rev. 1927)
für großes Orchester
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds