Theater | 10er Auswahl
von Milo Rau
International Institute of Political Murder / Kigali Genocide Memorial Centre / Hebbel am Ufer, Berlin / Migros-Kulturprozent, Schweiz / Kunsthaus Bregenz / Schlachthaus Theater Bern / Beursschouwburg, Brüssel / Migros Museum für Gegenwartskunst Zürich / Kaserne Basel / Südpol Luzern / Verbrecher Verlag Berlin / Ishyo Arts Centre Kigali
Premiere 1. Dezember 2011 Hebbel am Ufer – HAU 2, Berlin
Hate Radio © Frank Schroeder
Ein Blick zurück auf den Völkermord. „Hate Radio“ ist ein Reenactment einer guten Stunde aus dem Sendestudio des kigalesischen Radiosenders RTLM während des Genozids an den Tutsi im April 1994. Nette Moderatoren, cooles Musikradio, dazwischen muntere Ansagen inklusive rassistischer Mordaufrufe. Alles ganz entspannt und hochauthentisch nachgespielt nach Originalquellen, Interviews und Gerichtsprotokollen von fünf ruandisch/belgischen Schauspielern.
Davor und danach kurze Statements von Opfern und Tätern, aber garantiert unpädagogisch und ohne VHS-Informationsanspruch. Wie überbrückt man den Abstand vom Heute in die noch junge Vergangenheit? Am besten gar nicht. Das International Institute of Political Murder macht ihn stattdessen produktiv. Milo Raus radikaler historischer Illusionismus verführt die Zuschauer gerade nicht, sich in die Köpfe der damaligen Täter und Opfer einzufühlen oder hineinzuverstehen wie in einen alten russischen Roman. Die Distanz bleibt bewahrt. Die historische Theaterinstallation sucht im Gegenteil die Konfrontation: Die Gegenüberstellung einer hinter Glas wie im Terrarium aufbereiteten Rekonstruktion mit heutigen Zuschauern. Dabei kann sich jeder im Publikum die entscheidende Frage selbst beantworten: Wie hätte man wohl damals reagiert auf den geballten Charme des Genozids?
Buch und Regie Milo Rau
Dramaturgie und Conceptual Management Jens Dietrich
Ausstattung und Kostüme Anton Lukas
Video Marcel Bächtiger
Ton Jens Baudisch
Mit:
Afazali Dewaele, Sébastien Foucault, Estelle Marion, Nancy Nkusi, Diogène Ntarindwa, Dorcy Rugamba und den Stimmen von Thomas Bading und Sven Tjaben