Theater | 10er Auswahl

Die Kränkungen der Menschheit

Eine Produktion von Anta Helena Recke mit den Münchner Kammerspielen in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer (Berlin), Kampnagel (Hamburg) und Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt)

Uraufführung 26. September 2019 (München)

Die Kränkungen der Menschheit

Die Kränkungen der Menschheit. Joana Tischkau, Vincent Redetzki, Ensemble © Gabriela Neeb

Anta Helena Recke untersucht das Theater in seinen Grundfesten als Schaueinrichtung, die es vermag, nicht nur unsere eigene Rezeption, sondern auch unsere Wirklichkeitskonstruktion zu hinterfragen, indem sie Zeichen und Bezeichnung offen gegenüberstellt.

Wie oft denken wir über die Mechanismen unserer Wahrnehmung nach, darüber, was die Art und Weise, wie wir Dinge betrachten und interpretieren, über unsere eigenen Sehgewohnheiten und Prägungen aussagt? In ihrer fast meditativen Inszenierung schafft Anta Helena Recke drei bedeutungsoffene szenische Versuchsanordnungen, in denen Bilder, Laute und Bewegungen die Hauptrolle spielen. Dabei geht es unter anderem um eine Reflexion des eigenen Blicks und um die Vorstellungen, die Menschheit konstituieren. Und nicht zuletzt darum, Theater als Schaukunst neu zu denken.

Statement der Jury

Anta Helena Recke fügt den von Sigmund Freud festgehaltenen drei „Kränkungen der Menschheit“ (1. Der Mensch stammt vom Affen ab; 2. Die Sonne ist der Mittelpunkt des Universums; 3. Der Mensch ist dem Unbewussen ausgeliefert) eine weitere hinzu: Der europäische, weiße Mann ist doch nicht der Inbegriff des Menschen. In ihrer White-Supremacy-Kritik stößt die Regisseurin beim Publikum eine Reflexion über den jeweils eigenen Blick und die damit verbundenen Dekodierungsmuster an. Schauplatz ist ein Kunstmuseum, in dem ein Gemälde zunächst nachgestellt und ein anderes Bild später von einer Besucher*innengruppe gemeinschaftlich diskutiert wird. Die weitgehend meditative Performance hinterfragt auf sublime Weise Betrachtungsnormen und damit Muster der Rezeption und Repräsentation. Recke touchiert postkoloniale Diskursfelder – von Restitution bis zum weißen Normdenken. Sie arbeitet hier mit ungewöhnlichen, energetischen Mitteln von Präsenz und Absenz.

Besetzung

Konzept & Regie Anta Helena Recke
Konzept & Künstlerische Mitarbeit Anna Froelicher, Maxi Menja Lehmann
Bühne Carlo Siegfried
Kostüme Pola Kardum
Musik Luca Mortellaro
Licht Joscha Eckert
Dramaturgie Valerie Göhring
Recherche Marja Christians, Chiara Galesi
Produktion Olaf Nachtwey, Johanna J. Thomas

Choreografie, Text, Performance
Ariane Andereggen, Jean Chaize, Noah Donker, Sir Henry, Kinan Hmeidan, Mario Lopes, Lara-Sophie Milagro, Benjamin Radjaipour, Vincent Redetzki, Joana Tischkau, Else Tunemyr, Samuel Iatã Vieira da Silva Hölzl, Hayato Yamaguchi

Canay Altin, Abida Arifi, Belkisa Arifi,Jeanne-Francine Aziamble, Lilliane Lakabre Blessing, Tracey Adele Cooper, Lendita Daffeh, Sinthiou Dia, Rebecca Duverger-Fischer, Amie Georgson Jammeh, Kathrin Knöpfle, Ivy Lißack, Prisca Mbawala, Seggen Mikael, Elisa Nadal, Liza Noori, Cintia Rangel Martins, Gaba Sahory Reyes Baca, Jucilene Santos Costa, Janine Schmidt, Siri Fatou Seidl, Aya Sone, Lea Tesfaye, Roula Ukkeh, Awa Wassa, Jane Zentgraf

Gong Leon Frei

Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München und den Fonds Darstellende Künste