Performance
Merche Blasco mit Miriam Parker, Clara Levy, Biliana Voutchkova, Anna Clementi, Alessandra Eramo, Lorena Izquierdo, Ute Wassermann, Matthias Müller, Weston Olencki
Miriam Parker trägt ein Kleidungsstück von threeASFOUR in The Shed, New York. Foto: Michael Sugarman © Merche Blasco
„Através“ schafft kybernetische Feedback-Schleifen zwischen Mensch, Technologie und Umwelt. Die Multimedia-Künstlerin Merche Blasco hat eigens für „Através“ Assemblagen angefertigt, die den Performer*innen erlauben, ihre Ausdrucksmöglichkeiten über die menschliche Wahrnehmungsgrenze hinaus zu erweitern.
Die Komposition zu „Através“ ist in einer Zeit entstanden, in der individuelle und gemeinschaftliche Handlungen mit ohrenbetäubender Lautstärke über große Entfernungen hinweg widerhallten. „Através“ folgt dem Klang, wie er Körper und Materie durchquert, und kartografiert das Netz vibrierender Verbindungen, das uns hält und unterstützt. Das Werk ist als eine Abfolge von Handlungen konzipiert, in deren Mittelpunkt eine Reihe von ortsspezifischen Assemblagen steht. Diese habe ich geschaffen, um die Ausdrucksmöglichkeiten der Performer*innen – über die menschlichen Grenzen hinaus – zu erweitern. Ich hoffe, dass das Hervorheben der oft unsichtbaren Ströme, die unseren Handlungen folgen, dabei hilft, dass wir mehr über die Reichweite und Konsequenzen unserer Entscheidungen nachdenken und uns bewusstwerden, wie notwendig es ist, zuzuhören.
Die Künstlerin und Performerin Miriam Parker eröffnet das Stück, indem sie mittels live verarbeitetem Feedback über ein gemeinsam entwickeltes Instrument mit dem Raum der St. Elisabeth-Kirche kommuniziert. Dieses erforscht stellvertretend unseren Einfluss auf sowie unsere Verantwortung für die Ökosysteme, in denen wir leben. Biliana Voutchkovas und Clara Levys Spiel an der Violine verkörpert dabei eine Intimität, die während der Pandemie verloren ging und auf die wir angewiesen sind, wenn Worte und Logik versagen. Weston Olencki und Matthias Müller an der Posaune erklingen durch den Körper des jeweils anderen, wobei der Atem des einen das Fleisch und die Knochen des anderen in Schwingung versetzt, während sie ihre Konfigurationen im Raum aushandeln. In jedem Austausch dienen die Interaktionen der Performer*innen und die von ihnen erzeugten Klänge als Ausdruck der gegenseitigen Verbindung. Zugleich sind sie eine Einladung dafür, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das Design unserer Technologien, auf die wir uns zunehmend verlassen, die Beziehungen zwischen jeglichen kommunizierenden Entitäten gestaltet.
Im letzten Teil von „Através“ ertönen die Stimmen von Anna Clementi, Alessandra Eramo, Lorena Izquierdo und Ute Wassermann. Die erste Hälfte des als Diptychon konzipierten Abschnitts konfrontiert das Verschwinden des menschlichen Körpers mithilfe standardisierter, knopflastiger Audiotechnologien. Vier Stimmen vereinen sich zu einem polyphonen Synthesizer, physische Körper verschmelzen zu einer Einheit mit der Macht, Elemente jenseits ihrer taktilen Reichweite zu beeinflussen. Die zweite Hälfte des Diptychons widmet sich dem problematischen Wiederauftauchen von Frauenkörpern im Audio-Ökosystem von ASMR (Autonomous Sensory Meridian Response), dem sensorischen Phänomen eines Kribbelns als Reaktion auf bestimmte akustische und visuelle Reize. Mit der überwältigenden Präsenz attraktiver junger Frauen, die Self-Care-Handlungen durchführen (Schönheitsbehandlungen, Auskultationssitzungen, Einschlafhilfen), signalisieren Online-ASMR-Kanäle, wie die kapitalistische Gesellschaft – während sie gleichzeitig den Individualismus fördert und Investitionen in das soziale Wohlergehen abschafft – die Last der Pflege auf die Schultern der Frauen abwälzt.
Merche Blasco wurde 2022 mit einem Stipendium des Berliner Künstlerprogramms ausgezeichnet und lebt seither in Berlin.
Merche Blasco
Através (2023)
Merche Blasco – Komposition, Live-Elektronik
Miriam Parker, Anna Clementi, Alessandra Eramo, Lorena Izquierdo, Ute Wassermann – Performerinnen
Clara Levy, Biliana Voutchkova – Violine
Matthias Müller, Weston Olencki – Posaune
Don Aretino & Muyao Zhang, threeASFOUR – Kostümdesign