Konzert | Gastorchester / Schlagwerk
Luftaufnahme von St. Petersburg 2014 © Wikimedia Commons
Schärfer können Gegensätze kaum aufeinander treffen. Hier der Ausbruch der Gewalt und des Schmerzes, der Aufschrei des Protests und der beißenden Anklage, dort die vollkommene spirituelle Versenkung in die Konfigurationen der Musik, die aus der Komposition und der Aufführung eines Werkes einen rituellen Akt machen. Diesseitiger, aggressiver als Schostakowitsch in seiner Vierten kann man nicht komponieren, dennoch enden alle Sätze leise, morendo, ersterbend. Seiner einstigen Schülerin Galina Ustwolskaja dienten Betrachtungen eines leidgeprüften Reichenauer Mönchs und Gelehrten als Leitlinie zur Klangfindung. Sie bezieht die Werkeigenschaften aus dem Gebet: die Konzentration auf wenige wesentliche Gedanken, die Ehrlichkeit, die klanglich nichts schönt, und ein Verhältnis zur Zeit, das sich nicht zur Eile treiben lässt.
Als Valery Gergiev die Uraufführung von Ustwolskajas Dritter Symphonie 1995 in Amsterdam dirigierte, verließ die Komponistin zum ersten Mal ihre Heimatstadt St. Petersburg für eine längere Auslandsreise, um die Premiere erleben zu können. Schon damals kombinierte Gergiev Ustwolskajas Dritte mit Schostakowitschs Vierter. Beide, die Komponistin und der Dirigent, waren sich über die kommunizierenden Röhren zwischen den äußerlich so konträren Werken vollkommen im Klaren.
Galina Ustwolskaja [1919-2006]
Sinfonie Nr. 3
„Isése Messija, Spasi nas!“
für Sprecher und Orchester [1983]
Dmitri Schostakowitsch [1906-1975]
Symphonie Nr. 4 c-Moll op. 43 [1935/36]
Alexei Petrenko Rezitation
Münchner Philharmoniker
Valery Gergiev Leitung
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin