Theater | 10er Auswahl
von Aischylos
Deutsch von Peter Stein
Fassung Oliver Reese und Michael Thalheimer
Deutsches Theater Berlin
Premiere 23. September 2006
Die Orestie. Constanze Becker © Iko Freese
Eine Hardcore-„Orestie“. Ein Sudelbad im Mythos. Erbarmungslos, drastisch, radikal. Blut ist die große, alles bestimmende Chiffre, in der Michael Thalheimer die Tragödie des Aischylos bündelt. Blut fließt in Strömen. Blut verschmiert Hände und Körper, tropft ins Parkett und hinterlässt Flecken auf Olaf Altmanns Sperrholzwand. Die Bühne ist vernagelt: das verschlossene Paradies. Davor opfern die Menschen ihrem Hass wie auf einem Hochaltar, ganz nah am Zuschauer. 100 Minuten Unausweichlichkeit. Thalheimer erzählt in seiner imposanten Kurzfassung des Stücks, wie sich die Blutspur der Menschheitsgeschichte immer weiter zieht, in einer endlosen Kettenreaktion aus Rache und Gewalt. „Tun – Leiden – Lernen!“, skandiert leitmotivisch der 40-köpfige Chor, der das Geschehen vom zweiten Rang aus mit Donnerkraft anheizt und kommentiert. Doch es ist kein Lernprozess in Sicht: Der dritte Teil der „Orestie“ („Die Eumeniden“) ist bei Thalheimer konsequenterweise gestrichen – und damit auch der Glaube an die Demokratie als Lösungsmodell. Es gibt keine Gnade von oben. Der Himmel ist leer. Am Ende kauert Orestes mutterseelenallein auf dem Boden, unerlöst. Bildnis des modernen Menschen.
Regie – Michael Thalheimer
Bühne – Olaf Altmann
Kostüme – Michaela Barth
Licht – Olaf Freese
Dramaturgie – Oliver Reese
Musik – Bert Wrede
Chorleitung – Marcus Crome
Constanze Becker – Klytaimestra
Michael Gerber – Herold
Henning Vogt – Agamemnon
Katharina Schmalenberg – Kassandra
Michael Benthin – Aigisthos
Stefan Konarske – Orestes
Lotte Ohm – Elektra
Michael Gerber – Amme
Gitarre Kalle Kalima, Bert Wrede
Chor