Theater | 10er Auswahl
nach dem Roman von Einar Schleef
für die Bühne eingerichtet von Jens Groß
schauspielfrankfurt
Premiere 21. Dezember 2007
Gertrud © Alexander Paul Englert
Einar Schleefs monumentaler Roman „Gertrud“ ist mehrfach für die Bühne eingerichtet worden, auch vom Autor selbst. Doch noch nie wurde dieser Romanbrocken, laut Schleef „Pyramide für meine Mutter“, zu solch klarer Bühnenerzählung. Wenn sich Gertrud in ihre Einsamkeit bohrt, sich an Erlebtes erinnert und aufbegehrend auf Kommendes blickt, dann spiegelt die Inszenierung in den Erinnerungen einer Kleinbürgerin aus Sangerhausen deutsche Geschichte. Armin Petras und der Dramaturg Jens Groß haben sich bei ihrer Dramatisierung auf die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts konzentriert. Vier wunderbare Schauspielerinnen spielen vier Gertruds, die sich bestätigen, einander widersprechen, sich anfeuern und Erlebtes so nachspielen, dass sich Schleefs monologischer Bewusstseinsstrom zu Dialogen und unangestrengtem Kammerspiel öffnet. Wenn die alte Gertrud in der Vergangenheit zu wühlen beginnt und den Bühnenboden anhebt, kommt im Unterboden die Abstellkammer der Geschichte mit den anderen Gertruds zum Vorschein. Friederike Kammer ist die alte, erschöpft aufbegehrende Gertrud, Anne Müller ist die jüngste, lebenslustigste, Sabine Waibel träumt so komisch wie berührend von Kaiserin Sissi, und Regine Zimmermann sucht auf witzig anrührende Weise vergeblich das Glück mit den Männern. Es gibt keine auftrumpfenden Bilder oder ironischen Kommentare, dafür fantasievoll eingesetzte Requisiten und nur wenige Videos: Dieses Identitäts-Suchspiel ist großartiges Schauspieler-Theater.
Regie – Armin Petras
Bühne – Olaf Altmann
Kostüme – Katja Strohschneider
Video – Niklas Ritter
Dramaturgie – Jens Groß
Friederike Kammer – Gertrud 1
Sabine Waibel – Gertrud 2
Regine Zimmermann – Gertrud 3
Anne Müller – Gertrud 4