Theater | 10er Auswahl
von Elfriede Jelinek
Thalia Theater, Hamburg
Uraufführung Köln 16. April 2009, Premiere Hamburg 2. Oktober 2009
Die Kontrakte des Kaufmanns. Franziska Hartmann, Sebastian Rudolph, Daniel Lommatzsch, Maria Schrader © David Baltzer/bildbuehne.de
Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen unter den Theaterzuschauern in dieser unerwartet vergnüglichen Aufführung, die beweisen will, was viele wissen: dass der Kapitalismus böse ist. Der Regisseur Nicolas Stemann agiert hier als Fast-Alleinunterhalter auch auf der Bühne virtuos an Mikrofon und Flügel, und er erlaubt sowohl den Zuschauern als auch den Schauspielern die Flucht ins Offene. Jeder Akteur gibt sich und dem Publikum soviel von Jelineks Text, wie er will. „Die meisten Theaterleute, die ich kenne, egal ob Regisseure, Autoren oder Schauspieler, sind von Angst beherrscht. Das ist verständlich, aber nicht gut!“, verkündet Stemann im Programmheft. Und ruft ein angstfreies Theater aus, das ein Angebot zum Denken und zum Schauen sein will, ein Scheitern und Triumphieren in der Textwiedergabekunst und ein Kunst-Raum zum Durchatmen und Den-Kopf-Auslüften. Die Bühne ist ein großer Verhau aus Flügel und Sessel und Sofa und einer elektronischen Anzeige, auf der jeweils die Anzahl der Seiten zu sehen ist, die alle im Theater Versammelten an Jelinek-Text noch gemeinsam vor sich haben. Und während der Countdown von Seite 99 bis Seite 1 ausgerufen wird, entsteht auf einer doch eher freudlosen Textgrundlage zum Thema Ausbeutung und Menschenverachtung und Geldgier ein packendes Entertainment-Spektakel.
Regie – Nicolas Stemann
Bühne – Katrin Nottrodt
Kostüme – Marysol Del Castillo
Video – Claudia Lehmann
Musik – Sebastian Vogel, Thomas Kürstner
Licht – Paulus Vogt
Dramaturgie – Benjamin von Blomberg
Mit
Therese Dürrenberger, Ralf Harster, Franziska Hartmann, Daniel Lommatzsch, Sebastian Rudolph, Maria Schrader, Patrycia Ziolkowska
sowie Benjamin von Blomberg, Thomas Kürstner, Claudia Lehmann, Nicolas Stemann, Sebastian Vogel und Jasper Bardua / Alexander Haselon / Jeppe Kröger