Szenische Lesung | Stückemarkt

Alles Ausschalten

von Julian van Daal

Julian van Daal

Julian van Daal © privat

Im ersten Theaterstück des 25-jährigen Julian van Daal treffen sich drei Jungen – A, B und S – und zwei Mädchen – C und D – um die zwanzig in wechselnden Paarungen, um über Glück und Unglück ihrer Generation zu reden. Zu reden? Nein. Wohl eher abwartend zu schweigen, sich zu umkreisen, zu belauern. Ihre knappen Dialoge sind von äußerster Lakonie, der Autor beweist sein Talent in geradezu traumwandlerischer Pointensicherheit. Es ist verblüffend, wie es ihm in den kurzen, hochkomprimierten Szenen gelingt, die Lebenssituation dieser Kinder der Krise nachzuzeichnen: Eine junge Mutter ist ratlos über die Nichtbeziehung zu ihrem Baby, ein Junge pflegt seinen Vater, der im Rollstuhl sitzt, zum Zuhören gezwungen, ein anderer versucht ein Buch zu lesen, ein Dritter hat einen Rivalen totgeschlagen. Überrascht stellt man fest, dass er tot sein soll. Selber schuld natürlich.

Daneben gibt es plötzliche Öffnungen im Text: Monologe, in denen die Figuren sprachmächtig, aber nicht minder ratlos nach Antworten dafür suchen, dass ihnen die Welt abhanden gekommen ist. „A: Was sich jetzt aber in den hängenden Köpfen dieser Jugend einschleicht, ist ein Wutgefühl, ein Gefühl, das ihnen sagen will: So geht’s nicht. Das Problem ist nur, dass sie noch nicht genau wissen, was sie machen sollen. Sie sind die Kinder der Verlierer, und sie haben keine Stimme. Das Fernsehen, die stärkste Stimme der Welt, ist zwar für sie, aber nicht über sie.“ Die fünf Figuren in van Daals Stück erfahren sich als fremd-, ja ferngesteuert und wollen doch nur eins: sich selbst bestimmen, und zwar gemeinsam.
Burghart Klaußner

Julian van Daal, 1985 in Hannover geboren, absolvierte Hospitanzen und Assistenzen an Theatern in Hannover, Frankfurt am Main und Hamburg u.a. bei Julia Hölscher. Seit 2008 studiert er Theaterregie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. „Alles Ausschalten“ ist sein erstes Theaterstück.

Besetzung

Szenische Einrichtung Tilmann Köhler
Dramaturgie Andrea Koschwitz
Ausstattung Kathrin Frosch

Es lesen Julischka Eichel, Christoph Franken, Eva Meckbach, Tino Mewes und Matthias Reichwald