Theater | 10er Auswahl
Textfassung von Carola Dürr und Ensemble unter Verwendung von Originaldokumenten und Zitaten von Kaspar Hauser, Georg Friedrich Daumer, Jakob Wassermann, Anselm Ritter von Feuerbach, Werner Herzog u.a.
Schauspielhaus Zürich
Premiere 16. Februar 2013
Die Geschichte von Kaspar Hauser. v.l. Audrey Haenni, Lorena Schwerzmann, Linus von Seth, David Fischer, Jirka Zett © Tanja Dorendorf
Die Sprachlosigkeit des Findlings, sein Ankommen in der Zivilisation – kaum eine andere historische Gestalt hat Wissenschaftler, Kriminalisten und Künstler gleichermaßen fasziniert. Die Bearbeitung des Stoffs durch Alvis Hermanis setzt am Nullpunkt an und zeigt die Domestizierung menschlicher Natur durch erzieherische Praktiken. Hermanis begegnet dem Kriminalfall mit einer beklemmenden Neuerfindung des Puppenspiels. Der Clou: Die Protagonisten erscheinen als Biedermeiergesellschaft en miniature, gespielt von Kindern, die durch schattenhafte Schauspieler gelenkt werden. Inmitten dieser Puppenstube erscheint Kaspar als ungelenker Fremdkörper. Lohnt es sich, Teil dieser Künstlichkeit, ein „Mensch“ zu werden? Das fragt sich dieses Kind in Mannesgestalt, während ihm die als Alte verpuppten Kinder ihre Vorstellungen von Moral und Kultur aufoktroyieren. Wenn Hermanis die Kinderschar zum Streichorchester vereint, das einen Wiener Walzer schrammt, ist das ein grandioses Schlussbild: die bessere Gesellschaft als erbärmlich krächzende Kakofonie.
Regie und Bühne Alvis Hermanis
Kostüme Eva Dessecker
Musik Jekabs Nimanis
Licht Ginster Eheberg
Dramaturgie Andrea Schwieter
Kaspar Hauser Jirka Zett
Prof. Georg Friedrich Daumer Patrick Güldenberg und David Fischer
Anna, seine Frau Isabelle Menke und Mira Szokody
Dr. Johann Osterhausen Milian Zerzawy und Sinan Blum
Elsa, seine Frau Friederike Wagner (17.5.) / Franziska Machens (18.5.) und Charlotte Zimmermann
Bürgermeister Jakob Binder Ludwig Boettger und Linus von Seth
Frieda, seine Frau Chantal Le Moign und Lorena Schwerzmann
Der Fremde Roland Hofer