Theater | 10er Auswahl

Baal

von Bertolt Brecht

Residenztheater, München

Premiere 15. Januar 2015

Baal © Thomas Aurin

Baal. Hong Mei © Thomas Aurin

Publikumsgespräch am 17. Mai im Anschluss an die Vorstellung
Haus der Berliner Festspiele, Bar

Brechts Jugendfantasie eines rücksichtslosen Libertins, der die Normen und die Nornen ignoriert, wird im deutschen Theater erstaunlich oft in einen schwitzenden Egoisten übersetzt, der es einfach geil haben will. Dieser scheinbar individuelle Exzess wird aber überall dort strukturell gemeinschaftsbildend, wo Gewalt Regel und nicht Ausnahme ist. Deswegen ist die Verlegung der Baal-Geschichte in die Indochina-Kriege, die Frank Castorf im dritten Teil seiner Kriegstrilogie über Gewaltpoeten (nach Céline und Malaparte) unternimmt, ein brutal logischer Link. In Bordellen, Opiumhöhlen, beim Surfen zu Napalm-Orgien und Töten mit den Stones im Ohr entgrenzen sich die zivilisatorischen Errungenschaften mit aller baalschen Wüstlingskraft. In Aleksandar Denić’ gestapelter Vietnam-Welt mit Kampfhubschrauber, Pagoden, Waterboarding-Keller mit Propaganda-Pop und sehr viel Nebel stresst Castorf sein Ensemble mit viereinhalb Stunden exzessiver Reflexion über die menschgemachte Apokalypse und die Aktualität von geistigem Kolonialismus – eine Libertinage der Mittel und Inhalte.

www.residenztheater.de

Regie Frank Castorf
Bühne Aleksandar Denić
Kostüme Adriana Braga Peretzki
Licht Gerrit Jurda
Live-Kamera Marius Winterstein, Jaromir Zezula
Video Stefan Muhle
Dramaturgie Angela Obst

Baal Aurel Manthei
Ekart Franz Pätzold
Sophie Andrea Wenzl
Die ältere Schwester Katharina Pichler
Die jüngere Schwester Hong Mei
Gougou Jürgen Stössinger
Watzmann Götz Argus
Isabelle, die Höllengemahlin Bibiana Beglau