Theater | 10er Auswahl
nach dem Roman von Fjodor M. Dostojewski
unter Verwendung der Hamburger Poetikvorlesung von Wolfram Lotz
Staatsschauspiel Dresden
Premiere 29. März 2018
Videotrailer © Staatsschauspiel Dresden
Sebastian Hartmanns erste Inszenierung am Staatsschauspiel Dresden verschaltet Dostojewskis Roman mit Wolfram Lotzʼ Hamburger Poetikvorlesung und arbeitet mit choreografischer und schauspielerischer Energie am Gesamtkunstwerk.
In Dostojewskis Roman gehen in rasanter Folge Liebesverwirrungen sowie deren skrupellose Instrumentalisierung und der soziale Abstieg ganzer Familien ineinander über. Dem Regisseur Sebastian Hartmann geht es in seiner Inszenierung allerdings nicht darum, eine stringente Geschichte zu erzählen, im Gegenteil: Er sucht nach der Auflösung von Sinn, Handlungslinien und Theaterkonventionen und wählt einen assoziativen Zugang zum Werk, der das Publikum mit Improvisationsmodulen, dem Malen eines riesigen Bildes und der Verschaltung mit Wolfram Lotz’ Hamburger Poetikvorlesung herausfordert.
Statement der Jury
Nebel dräut, aufwühlende Musik erklingt, Menschen stürmen an die Rampe. Sie schleppen Leitern auf die Bühne, fangen an, mit schwarzer und weißer Farbe ein riesiges Bild zu malen, hoch und höher, Schicht über Schicht. Davor kreist ein fahrbares Klinikbett, und Spieler*innen mit raschelnden Krinolinen und schwarzen Zylindern zeigen scheinbar zusammenhanglose, mitunter auch sich wiederholende Szenen aus Dostojewskis Fortsetzungsroman „Erniedrigte und Beleidigte“ rund um einen selbstsüchtigen Patriarchen, im Stich gelassene Kinder und erdrückende Schuldenberge. Es dauert eine ganze Weile, bis sich das Publikum in den Improvisationsmodulen von Sebastian Hartmanns Dresdner Inszenierung zu orientieren lernt. Geradezu programmatisch gerät sie durch die Verschaltung mit Wolfram Lotzʼ Hamburger Poetikvorlesung, die ein neues Theater entwirft und von Yassin Trabelsi mit großem Soundgefühl versprechtanzt wird. Denn Hartmanns Arbeit zielt nicht auf die lineare Nacherzählung des Romanstoffs, sondern – wie schon bei Dostojewski angelegt – auf die ekstatische Auflösung von Sinn und Logos, so wie sie in Krankheit, Liebe und hier tatsächlich auch in der Kunst erfahrbar werden.
Regie und Bühne Sebastian Hartmann
Kostüme Adriana Braga Peretzki
Bild/Installation Tilo Baumgärtel
Chorleitung Christine Groß
Lichtdesign Lothar Baumgarte
Dramaturgie Jörg Bochow
Mit
Luise Aschenbrenner, Eva Hüster, Moritz Kienemann, Torsten Ranft, Lukas Rüppel, Fanny Staffa, Nadja Stübiger, Yassin Trabelsi, Viktor Tremmel