Theater | 10er Auswahl

Süßer Vogel Jugend

von Tennessee Williams
Deutsch von Nina Adler

Schauspiel Leipzig

Premiere 6. April 2019

Süßer Vogel Jugend

Süßer Vogel Jugend. Ensemble © Rolf Arnold

Claudia Bauer wirft mit Tennessee Williams Südstaaten-Drama einen Blick auf die späten 1950er-Jahre und findet darin sowohl den weißen männlichen Egozentrismus als auch die Selbstzweifel und Instabilität unserer Gegenwart.

Der gescheiterte Schauspieler Chance Wayne kehrt an der Seite der alternden Schauspieldiva Alexandra del Lago in seinen Heimatort zurück. Dort lebt seine Jugendliebe Heavenly, die er wieder für sich gewinnen möchte. Was er nicht weiß: Deren Vater hat eine Rechnung mit ihm offen. Claudia Bauer und ihr Ensemble greifen die Selbst-Inszenierungen der Figuren auf und stellen sie genüsslich und höchst unterhaltsam in ihrer Härte und Lächerlichkeit aus.

Statement der Jury

Wer immer denkt, wir wohnen heutzutage dem Niedergang der politischen Kultur der USA bei, der*dem kann geholfen werden. Früher, genauer Ende der 1950er-Jahre, war es dort nicht besser, im Gegenteil. Tennessee Williams’ „Süßer Vogel Jugend“ ist ein dramatisches Prachtexemplar westlicher Desillusionierung, das die gängigen Mythen nicht nur amerikanischer Träume mit bissigem Witz zerlegt. Erfolg, Ruhm, Geld, Liebe und vor allem jede Hoffnung auf zwischenmenschliche Verständigung werden liebevoll zu Feinstaub zermahlen. Den besonderen Charme macht aus, dass keine*r der Beteiligten über die eigene Niederträchtigkeit und die der anderen im Zweifel ist und das auch jederzeit sehr pointiert ausspricht. Diese unbedingte Ehrlichkeit kann man sich leisten, weil alle schon längst die Hoffnung aufgegeben haben, irgendjemand anders als durch brutale Gewalt oder rücksichtslose Erpressung zu beeinflussen. Was in Claudia Bauers Inszenierung zählt, ist furchtlose Performance unter zwischendurch mitleidloser Analyse der eigenen Fakes und Verbrechen. Denn die Regisseurin und ihre Schauspieler*innen wissen nur zu gut, dass Authentizität in diesem Panorama der Selbstsüchte, zerschossenen Illusionen und Lebensträume keine Währung sein kann. Ihre schonungslosen Scharfzeichnungen voll Härte und Bösartigkeit werden umso gefährlicher, je lächerlicher sich die Figuren entlarven. Claudia Bauers Horrorclowns und Glücksleichen sind hochlebendig.

Besetzung

Regie Claudia Bauer
Bühne Andreas Auerbach
Kostüme Vanessa Rust
Musik Roman Kanonik
Licht Veit-Rüdiger Griess
Video Kai Schadeberg, Doreen Schuster
Ton Ralf Ludwig, Udo Schulze
Dramaturgie Katja Herlemann

Chance Wayne Florian Steffens
Prinzessin Kosmonopolis (Alexandra del Lago) Anita Vulesica
Boss Tom Finley Michael Pempelforth
Tom Junior Roman Kanonik
Heavenly Finley Julia Preuß
Tante Nonnie Annett Sawallisch
Miss Lucy Sophie Hottinger
Der Störer, Fly, Charles Andreas Dyszewski
George Scudder Thomas Braungardt
Stuff Brian Völkner

Mit freundlicher Genehmigung der University of the South, Sewanee, Tennessee.
Aufführungsrechte: Jussenhoven & Fischer, Theater & Medien