Inszenierung / Livestream | 10er Auswahl
von Gob Squad
Eine Produktion von Gob Squad. Uraufführung im Auftrag und koproduziert von HAU Hebbel am Ufer (Berlin) und La Jolla Playhouse Without Walls Series (San Diego). Koproduktion Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt am Main), Schlachthaus Theater Bern, Internationales Sommerfestival Kampnagel (Hamburg)
Livestream-Premiere 20. Juni 2020 (HAU Hebbel am Ufer, Berlin und La Jolla Playhouse Without Walls Series, San Diego)
Videotrailer © Gob Squad
Eine 12-stündige Livestream-Performance des deutsch-britischen Künstler*innenkollektivs Gob Squad.
Ein*e Performer*in steht auf der Bühne eines gespenstisch leeren Theaters, hinter ihr*ihm ist ein verwaister Zuschauer*innenraum sichtbar. Doch sie*er ist nicht allein: Per Video sind weitere Performer*innen von Gob Squad mit ihr*ihm verbunden: von zwölf Uhr mittags bis Mitternacht, bewegen sie sich zu Fuß oder im Auto durch die Stadt oder sitzen tausende Kilometer entfernt in einem Wohnzimmer … In „Show Me A Good Time“ stoßen alltägliche Beobachtungen und Begegnungen große Reflexionen an und verdichten die vorbeistreichende Zeit immer wieder zu einer Feier des Moments.
Theatertreffen-Jurorin Cornelia Fiedler zur Inszenierung
Jetzt heißt es: Durchhalten. Nicht im Sinne militärischen Drills, versteht sich. Es ist eher ein Durchhalten-Müssen, das diesen sieben schwankenden Gestalten irgendwie passiert zu sein scheint. Sie sind in einem obskuren Loop gelandet, da müssen sie jetzt durch. Passiert ist das uns allen auf die eine oder andere Art. Vor einem Jahr, als die Pandemie weite Teile des Lebens auf unbestimmte Zeit kassiert und uns mit einem Janus-Grinsen das Homeoffice geschenkt hat.
Die Mechanismen und Abgründe unserer Gesellschaft über den vergnüglichen Umweg ins Private offenzulegen, das ist seit gut 25 Jahren die Methode Gob Squad. Für die Corona-Mittsommernacht im HAU Hebbel am Ufer hat das Kollektiv eine kongeniale Marathonperformance entwickelt: „Show Me A Good Time“ ist ein Trauerritual für ungewolltes Theater und ein tragikomischer Versuch, über Grenzen und Zeitzonen hinweg zusammenzuhalten und wach zu bleiben.
Insgesamt zwölf Stunden lang muss je ein*e der Performer*innen vor leeren Stuhlreihen auf der Bühne ausharren – nicht systemrelevant, auf sich zurückgeworfen, allein mit einer semi-intelligenten Kamera. Die anderen Spieler*innen schwärmen aus und halten per Livevideo Kontakt. Aufgaben und Orte wechseln nach einem strengen Takt. Improvisation ist das oberste Gebot dieser Nacht – ohne Angst vor Peinlichkeit, ohne Sicherungsnetz –, daher wird sich nichts so wiederholen: nicht wie Sarah Thom allein und leise vor dem Stadion in Sheffield, dem Ort der Hillsborough-Katastrophe, „Youʼll Never Walk Alone“ singt; nicht wie Sharon Smith sich zu ihrem schlafenden Kind ins Bett legt und zwischen schläfriger Liebe und Schuldbewusstsein dessen Zukunft auf diesem Planeten imaginiert; nicht wie Simon Will gut gelaunt durch die endzeitliche Nacht zum sinnlos gewordenen Flughafen läuft, als spaziere er in die Vergangenheit.
Zugleich wird die Performance zum Zerrspiegel jener Selbstmanagementtechniken, mit denen Corona-Erfahrene versuchen, den kaugummigleichen Tagen Struktur zu geben. In engem Takt gilt es alle 15 Minuten Aufgaben zu absolvieren; zur halben Stunde etwa ist kollektives Lachen angesagt, zur vollen muss in den leeren Straßen Berlins ein*e Zuschauer*in gefunden sein. Das zunehmend Verzweifelte dieser Publikumssuche wirkt bei allem Humor bitter nach. Wer kann schon mit Sicherheit versprechen, nach der Pandemie wieder Theater zu machen, wer, wieder zuzuschauen? Mit „Show Me A Good Time“ gelingt Gob Squad intelligentes, komisches und berührendes Distanztheater für eine Welt, in der die Koordinaten Zeit und Raum zerfließen.
Gob Squad – Konzept und Regie
Noam Gorbat, Miles Chalcraft – Videodesign
Sebastian Bark, Jeff McGrory, Catalina Fernandez – Sounddesign
Emma Cattell – Kostüme
Max Wegner – Lichtdesign und Technische Leitung
Christina Runge – Dramaturgie und Produktionsmanagement
Amina Nouns – Set-Assistentin
Clemens Zoller – Praktikum
Alexandra Lauck – Kommunikation / PR
Eva Hartmann – Gob Squad Management
Mat Hand – Tour Management
Ayla Suveren – UK Producer
Mit
Sean Patten, Tatiana Saphir, Sharon Smith, Berit Stumpf, Sarah Thom, Laura Tonke, Bastian Trost, Simon Will
Mit Unterstützung durch den Fonds Darstellende Künste gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Gob Squad wird gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.