Inszenierung | 10 bemerkenswerte Inszenierungen
von Matthew Lopez
frei nach dem Roman „Howards End“ von E. M. Forster
aus dem Amerikanischen von Hannes Becker
Residenztheater / Bayerisches Staatsschauspiel, München
Deutschsprachige Erstaufführung 30. Januar 2022
Trailer © Residenztheater (Bayerisches Staatsschauspiel)
In fast sieben Stunden entwerfen Philipp Stölzl und sein Ensemble ein temporeiches und vielschichtiges Gesellschafts- und Beziehungspanorama, das die New Yorker Gay Community porträtiert und Fragen nach Verantwortung und Respekt stellt.
Zwei Männer um die dreißig in New York, kurz vor der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten: Der Autor Toby Darling bereitet sich auf die Premiere der Bühnenadaption seines ersten Romans vor. Sein Partner Eric Glass freundet sich indes mit dem über 20 Jahre älteren Walter an und bekommt durch dessen Erzählungen Zugang zu einer Zeit, die er nur vom Hörensagen kennt: die verheerende HIV-Epidemie Anfang der 1980er-Jahre, die Wellen der Trauer, des Schmerzes und der Diskriminierung in die LGBTIQ*-Community trug und unzählige Opfer forderte. Wie umgehen mit diesem Erbe des Verlusts, das zugleich eine Geschichte von Gemeinschaft und hart erkämpfter Freiheit ist? Und was tun, wenn diese Errungenschaften plötzlich auf dem Prüfstand stehen?
Matthew Lopez’ mehrfach ausgezeichnetes Bühnenepos „Das Vermächtnis (The Inheritance)“, inspiriert von Motiven aus E. M. Forsters 1910 erschienenem Gesellschaftsroman „Howards End“, ist mit seinen unzähligen Figuren, Schauplätzen, Cliffhangern und sich über Jahre erstreckenden Erzählbögen gebaut wie eine moderne Netflix-Serie. Der Regisseur Philipp Stölzl und sein spielwütiges Ensemble erwecken es virtuos und punktgenau zum Leben – fesselnd und mit großer Wahrhaftigkeit.
Statement der Jury
Matthew Lopez’ zweiteiliges Bühnenepos „Das Vermächtnis“ tritt gewissermaßen das Erbe von Tony Kushners „Angels in America“ an: Kushners Aids-Drama seziert die Vereinigten Staaten in der Reagan-Ära – Lopez verlängert den Erzählbogen mit Vor- und Rückblenden nun bis zur Präsidentschaft Donald Trumps. In „Das Vermächtnis (The Inheritance)“ prallen Figuren aus unterschiedlichen Milieus und Generationen aufeinander, entfalten in pointierten Szenen ein vielschichtiges Gesellschaftspanorama und Beziehungsdrama, das die New Yorker Gay Community porträtiert und soziale Bruchlinien aufzeigt. Regisseur Philipp Stölzl vertraut ganz auf die Erzählung und das erstklassige Ensemble des Residenztheaters. Der siebenstündige Bühnen-Marathon zeigt nicht zuletzt: Theater ist immer noch besser als Netflix.
ZumVideostatement von Jurorin Petra Paterno in der Berliner Festspiele Mediathek
Programmheft (PDF, 1,6 MB)
Philipp Stölzl – Inszenierung und Bühne
Franziska Harms – Mitarbeit Bühne
Kathi Maurer – Kostüme
Ingo Ludwig Frenzel – Komposition
Gerrit Jurda – Licht
Ewald Palmetshofer – Dramaturgie
Mit
Vincent zur Linden – Junger Mann / Adam / Leo
Florian Jahr – Junger Mann / Jason 1 / Charles Wilcox / Tobys Agent / Pförtner 1
Vincent Glander – Junger Mann / Junger Henry / Mann / Dealer / Pförtner 2
Noah Saavedra – Junger Mann / Junger Walter / Tucker / Henrys Assistent
Patrick Bimazubute – Junger Mann / Tristan / Assistent des Agenten
Simon Zagermann – Junger Mann / Jasper / Paul Wilcox / Anderer Agent
Nicola Mastroberardino – Junger Mann / Jason 2 / Klinikmitarbeiter
Thiemo Strutzenberger – Junger Mann / Eric Glass
Moritz Treuenfels – Junger Mann / Toby Darling
Michael Goldberg – Morgan / Walter Poole
Oliver Stokowski – Henry Wilcox
Nicole Heesters – Margaret
Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main