Inszenierung | 10 bemerkenswerte Inszenierungen
von De Warme Winkel und Ensemble
Eine Produktion von Schauspielhaus Bochum und De Warme Winkel
Koproduzent Internationaal Theater Amsterdam
Uraufführung 5. November 2022 (Schauspielhaus Bochum)
Trailer © Schauspielhaus Bochum
Wie können die Verbrechen der Nazizeit erinnert werden, wenn niemand mehr da ist, der sie erlebt hat? Das Kollektiv De Warme Winkel nähert sich dieser Frage auf außergewöhnliche Weise – über ein Drehbuch, das von einer Busreise ehemaliger niederländischer KZ-Häftlinge nach Dachau erzählt.
Ein Filmset ist aufgebaut, ein Regisseur stellt mehreren Schauspieler*innen und einer Kamerafrau sein Projekt vor. Es soll ein Film gedreht werden, der von einer Busreise ehemaliger niederländischer KZ-Häftlinge zur Gedenkstätte Dachau erzählt. Die Schauspieler*innen und der Regisseur tasten sich an den Stoff heran – probieren Ideen aus, verwerfen sie wieder, verzweifeln, zögern, wissen nicht weiter. Wie können sie erzählt werden, die Figuren aus dem Film: Teddy und sein Kumpel Beck, der Häftling mit Leitungsfunktion Both, der Ungar, der um Suppe bittet? Welche Bilder, welche Formen, welche Mittel sind zeitgemäß? Wie geht Erinnern, wenn die letzten Zeitzeug*innen verschwunden sind?
Das niederländische Kollektiv De Warme Winkel und das Bochumer Ensemble haben keine Antworten in diesem mutigen, pointierten, mehrere Zeitebenen und Generationen verknüpfenden Abend. Im Mittelpunkt stehen das Fragen und das Suchen nach Möglichkeiten, Erinnerung lebendig zu halten – überfordernd und provozierend im besten Sinn.
Statement der Jury
Mit „Der Bus nach Dachau“ wagt sich das niederländische Kollektiv De Warme Winkel zusammen mit dem Bochumer Ensemble an ein riskantes Experiment: Vincent Rietveld und Ward Weemhoff wollen ein Drehbuch über eine Dachau-Reise auf den Spuren einst internierter niederländischer Widerstandskämpfer*innen auf die Bühne bringen, das Wards Vater 1993 geschrieben hat, aber damals im Schatten von „Schindlers Liste“ nicht verfilmt wurde. Über diesem Vorhaben weitet sich der Abend hin zu Fragen der Darstellbarkeit des Holocaust als singuläres Verbrechen in der Geschichte der Menschheit und radikalen Zivilisationsbruch, der (Un-)Möglichkeit seiner Fiktionalisierung und Formen der Erinnerung, wenn Zeitzeug*innen nicht mehr befragt werden können. De Warme Winkel und Ensemble erproben unterschiedlichste ästhetische Mittel, schrecken weder vor Snapchat noch Partizipation zurück und setzen ihr Publikum einem Wechselbad der Emotionen aus, das fortwährend Fragen und Widerspruch provoziert. Aber genau diese Art von Reibung verhindert, dass das Erinnern zum leeren Ritual wird.
ZumVideostatement von Juror Janis El-Bira in der Berliner Festspiele Mediathek
Programmheft (PDF, 5,4 MB)
Vincent Rietveld, Ward Weemhoff (De Warme Winkel) – Konzept und Regie
Theun Mosk – Bühne
Bernadette Corstens – Kostüme
De Warme Winkel, Richard Alexander – Sounddesign
Jan Hördemann – Lichtdesign
Dorothea Neweling – Dramaturgie
Mit
Lieve Fikkers, Marius Huth, Risto Kübar, Mercy Dorcas Otieno, Vincent Rietveld, Lukas von der Lühe, Ward Weemhoff
Gefördert durch Deichmann SE.