Konzert
Kirill Petrenko, Leitung
Xenakis IV | Zimmermann | Dallapiccola
Schwindelerregende Perspektive aus Alfred Hitchcocks „Vertigo“, 1958 © cineclassico / Alamy Stock Foto
Expressive Werke der Nachkriegs-Moderne bilden den Fokus dieses Konzerts der Berliner Philharmoniker unter Chefdirigent Kirill Petrenko. Neben Iannis Xenakis‘ „Empreintes“ steht die konzertante Aufführung von Luigi Dallapiccolas direkt nach dem Zweiten Weltkrieg komponierte Oper „Il prigioniero“ auf dem Programm sowie Bernd Alois Zimmermanns apokalyptische „Symphonie in einem Satz“ für Orchester aus den Jahren 1952/53.
„Der Hörer muss gepackt und […] in die Flugbahnen der Klänge hineingezogen werden, ohne dass er darum eine spezielle Ausbildung brauchte. Der sinnliche Schock muss ebenso eindringlich werden wie […] beim Blick in bodenlosen Abgrund.“ Soweit Iannis Xenakis, in dessen Orchesterstück „Empreintes“ archaische Fanfarenklänge über fluktuierenden Streicherflächen erklingen. Die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Kirill Petrenko haben Xenakis’ geräuschhafte und bisweilen pulsierende Klangskulptur an den Anfang dieses Abends gestellt. An zweiter Stelle erklingt Bernd Alois Zimmermanns emotionale Extreme auslotende „Sinfonie in einem Satz“, die – „vom apokalyptischen Sturm geschüttelt“ – nach dem Zweiten Weltkrieg entstand: „in einer Zeit der Niederbrüche […], die wohl wie kaum eine andere geartet war“ (Zimmermann). Abschließend steht Luigi Dallapiccolas Oper „Il prigioniero“ in konzertanter Aufführung auf dem Programm. Angelehnt an Auguste de Villiers de L’Isle-Adams Erzählung „La torture par l’espérance“ (Folter durch Hoffnung), handelt sie von einem todgeweihten Gefangenen der Spanischen Inquisition, dem die Flucht gelingt. Seine bis zur Ekstase gesteigerte Freude über die unverhoffte Freiheit ist jedoch nur von kurzer Dauer, da ihn der Großinquisitor erneut gefangen nimmt und zum Scheiterhaufen führt: die Hoffnung als äußerste Form der Folter. Die Oper endet mit dumpfem Trommelwirbel und verhallenden Tamtam-Schlägen in schwärzester Desillusionierung – und appelliert dadurch umso eindringlicher, sich in der Realität für die auf der Bühne versagte Freiheit und Humanität zu engagieren.
Iannis Xenakis (1922 – 2001)
Empreintes
für Orchester (1975)
Bernd Alois Zimmermann (1918 – 1970)
Sinfonie in einem Satz
für Orchester (1952/53)
Luigi Dallapiccola (1904 – 1975)
Il prigioniero
Oper in einem Prolog und einem Akt (1949)
Konzertante Aufführung
Wolfgang Koch – Bariton
Ekaterina Semenchuk – Sopran
Wolfgang Ablinger-Sperrhacke – Tenor
Caspar Singh – Tenor
Oliver Boyd – Bariton
Rundfunkchor Berlin
Gijs Leenaars – Einstudierung
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko – Leitung
Eine Veranstaltung der Stiftung Berliner Philharmoniker in Kooperation mit Berliner Festspiele / Musikfest Berlin