Konzert | Bauhaus: „Parabola and Circula“
Karl-Heinz Steffens, Leitung
Bernstein / Blitzstein
Kurt Schmidt, Der Mann am Schaltbrett, um 1924 © Bauhaus-Archiv Berlin
Herz und Schmerz im Land der Geometrie: Marc Blitzsteins „Parabola and Circula“ wird uraufgeführt! Die wohl einzige kubistische Oper der Welt entstand 1929 auf ein Libretto von George Whitsett und sollte in Kooperation mit dem Bauhaus Dessau zur Premiere kommen. Dazu kam es jedoch nicht – bis heute! Das überlieferte Notenmaterial wurde von dem Musikwissenschaftler Kai Hinrich Müller, dem Dirigenten des Norrköping Symphony Orchestra Karl-Heinz Steffens und dem Klassik-Musikverlag Boosey & Hawkes für eine Aufführungsfassung vorbereitet, die nun beim Musikfest Berlin ihre Uraufführung feiert.
Der amerikanische Komponist Marc Blitzstein gilt als einer der wichtigsten Vertreter des politischen Musiktheaters in den USA. Er war mit Berlin eng verbunden und stand unter anderem der legendären Novembergruppe nahe. Auch bauhausnahe Musiker wie Stefan Wolpe oder Wladimir Vogel waren Teil dieser Künstlervereinigung. „Parabola and Circula“ sollte laut eines Briefes am Dessauer Theater uraufgeführt werden. Der Intendant schien „seriously excited“ über die Oper gewesen zu sein und plante eine Uraufführung in „collaboration with the Bauhaus people there“. Hierzu kam es jedoch nicht und die Oper geriet zunächst in Vergessenheit. Im Zuge des Forschungsprojekts „Bauhaus Music“ am Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung Berlin wurde sie wiederentdeckt.
Inspiriert durch Blitzsteins Beschäftigung mit konstruktivistischer Kunst erzählt „Parabola and Circula“ aus einem Land der abstrakten Formen. Alle Protagonist*innen kommen aus der Welt der Geometrie, und die Oper erzählt eine Geschichte, die ebenso tragisch wie schön ist: eine Romanze zwischen Parabel (Parabola) und Kreis (Circula), Eltern von Rechteck (Rectangula) und Punkt (Intersecta), die sich lieben, aber verlieren. Der Grund ist der Zweifel, der in ihr Leben dringt: Parabel fragt seine Freunde Prisma, Linie und Geodäsie, was sie von Kreis halten. Sie sind sich einig: Die Liebe beraube ihn seiner Selbstständigkeit und sei bedrückend für den modernen Geist. Aus dem Zweifel Parabolas entsteht ein schwarzes Projektil, welches den Kreis schließlich tötet. Ihre Kinder bleiben weinend zurück. Blitzstein stellt ein zerstörtes Paradies dar, mit starken autobiografischen und zeithistorischen Bezügen: Der Mensch zerstört, was ihm am nächsten ist.
Ergänzt wird das Konzertprogramm durch Leonard Bernsteins 2. Sinfonie „The Age of Anxiety“, die sich neben dem Zweifel auch dem Gefühl der Angst stellt. Sie gehen einher mit der Suche nach Identität und Zugehörigkeit in einer sich zunehmend verändernden Welt. Was hält die Menschen noch zusammen? Eine Frage, auf die beide Komponisten eine eigene Antwort suchen und die heute wieder aktueller ist denn je.
Leonard Bernstein (1918 – 1990)
Sinfonie Nr. 2 „Age of Anxiety“ (1949)
für Klavier und Orchester
Marc Blitzstein (1905 – 1964)
Parabola and Circula (1929/30)
Oper in einem Akt
Text von George Whitsett
Konzertante Uraufführung
Tzimon Barto – Klavier (Bernstein)
Aleksander Nohr – Parabola, Bariton
Mari Eriksmoen – Circula, Sopran
Joseph Dennis – Rectangula, Tenor
Hanna Husáhr – Intersecta, Sopran
Linard Vrielink – Prism, Tenor
Henning von Schulman – Geodesa, Bass
Hongni Wu – Linea, Mezzosopran
Eine gemeinsame Veranstaltung des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung und der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin, gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die LOTTO Stiftung Berlin
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