Inszenierung | 10er Auswahl

Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)

(Memoiren der Medusa)

von Sivan Ben Yishai
Deutsch von Maren Kames

Münchner Kammerspiele

Uraufführung 9. Oktober 2021

Fünf Menschen stehen auf einer Bühne, hinter ihnen befinden sich zwei große weiße Säulen, die an Raketen, Pfähle oder Burgtürme erinnern.

Like Lovers Do © Krafft Angerer

Sivan Ben Yishais Text ist nichts für schwache Nerven – plastisch und poetisch zugleich beschreibt sie sexualisierte Gewalt. Pınar Karabulut findet eine wirkungsvolle abstrakte Form für Taten, die unter die Haut gehen, und schneidet dabei dem Patriarchat die Luftzufuhr ab.

Triggerwarnung:
Der Text enthält Schilderungen von sexualisierten Gewalthandlungen, die belastend und re-traumatisierend wirken können.

Publikumsgespräch
Mittwoch, 18. Mai 2022 im Anschluss an die Vorstellung

Fünf beste Freundinnen erträumen sich eine Zukunft, die sich um ihre Traummänner dreht. Liedhafte Widmungen richten sich an die Liebenden. Doch halt – was haben sexualisierte Gewalt, toxische Rollenbilder und die mythische Gestalt der Medusa damit zu tun? Sivan Ben Yishai hält in ihrem poetischen und kraftvollen Text dem patriarchalen Geschlechtermodell den Spiegel vor. In der temporeichen Inszenierung von Pınar Karabulut bilden fünf starke Schauspieler*innen eine Art Erzählkörper, der Ben Yishais Text mit Sprache und Bewegung in eine Partitur von fast schmerzhafter Direktheit überführt.

Statement der Jury
Sivan Ben Yishai hat ein finster-poetisches „Lied“ über strukturellen Sexismus und sexualisierte Gewalt geschrieben, das Widmung auf Widmung häuft: an alle, die mit Worten und Taten erniedrigen, verletzen und töten, aber auch an alle Wegschauenden und solche wie Athene, die Medusa dafür bestrafte, dass Poseidon sie vergewaltigt hat. Nichts davon ist auf der Bühne zu sehen; keine Selfiesticks, die an spermatriefende Vaginen heranzoomen, keine blutigen Entmannungsakte, keine individuellen Leidensgeschichten. Pınar Karabulut zeigt ihre fünfstimmig Klagenden als von der Amüsierverpflichtung der Popkultur gezeichnete genderfluide Wesen, die in Alien-Superhelden-Punk-Kostümen maschinelle bis rituelle Bewegungen ausführen und die Platinperücken fliegen lassen. Doch eine Verharmlosung ist diese kluge Setzung keineswegs. Das Ganze bleibt ungemütlich, wenn auch auf andere Art als der Text: zu laut, zu grell – bis zum augenzwinkernden, unterschiedliche Formen des Empowerments erprobenden Schluss.

ZumVideostatement von Jurorin Sabine Leucht in der Berliner Festspiele Mediathek

Künstlerisches Team

Pınar KarabulutRegie, Choreografie
Michela FlückBühne
Teresa VerghoKostüme
Daniel MurenaMusik
Jürgen TulzerLichtdesign
Mehdi MoradpourDramaturgie

Mit
Gro Swantje Kohlhof, Jelena Kuljić, Bekim Latifi, Edith Saldanha, Mehmet Sözer

Wiebke PulsStimme

Aufführungsrechte: © Suhrkamp Verlag Berlin 2021