Konzert
Anja Bihlmaier, Leitung
Tschaikowsky / Zimmermann / Wilson / Schostakowitsch
Franciszka Themerson entwarf die lebensgroßen Puppen für die Ubu-Roi-Inszenierung von Michael Meschke am Marionetteatern in Stockholm 1968 © Music and Theatre Library of Sweden, Foto: Beata Bergström.
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin und die Dirigentin Anja Bihlmaier nehmen ihr Publikum mit auf ein parodistisches Abenteuer: Bernd Alois Zimmermanns sarkastische Ballettmusik über König Ubu ist ein farbenfrohes und abwechslungsreiches Potpourri musikalischer Zitate. Eine Siegessinfonie hatte man von Schostakowitsch erwartet. Doch was er schrieb fand das Missfallen des stalinistischen Regimes: „Es gab keinen Chor, keine Solisten und keine Apotheose – nicht die Spur einer Beweihräucherung des Größten“, so Schostakowitsch. Peter I. Tschaikowsky würdigt die Musik Mozarts in seinen „Rokoko-Variationen“, deren Solopart der junge und dynamische Cellist Kian Soltani übernimmt. Der amerikanische Komponist und Jazzmusiker Olly Wilson knüpft in „Shango Memory“ an afrikanische und afro-diasporische Traditionen an und webt diese in seine eigene musikalische Identität ein.
Wer bei den „Rokoko-Variationen“, die Peter I. Tschaikowsky als Hommage an die Musik Mozarts schrieb, den Tschaikowsky-typischen üppig-romantischen Orchesterklang erwartet, liegt falsch: Das Cello stellt nach einer eleganten Orchestereinleitung ein klares und graziles Thema vor. In den Variationen geht es dann durchaus virtuos zu, ohne jedoch die geradlinige und geschmeidige Melodiehaftigkeit des 18. Jahrhunderts zu verlassen.
Inspiriert von Alfred Jarrys Theaterstück „Ubu roi“ komponierte Bernd Alois Zimmermann eine schillernde Satire und verwertete dabei in seiner Ballettmusik „Musique pour les soupers de Roi Ubu“ ungeniert Musik aus allen Epochen und Stilen, von Bach über den Radetzkymarsch, bis hin zur Musik der Gegenwart. Gekonnt stellt Zimmermann die Zitate neben-, über- und aufeinander und vermengt alles zu einem absurden musikalischen Spektakel. Farbenfroh und abwechslungsreich nimmt er sein Publikum mit auf ein parodistisches Abenteuer.
Der amerikanische Komponist Olly Wilson war für seine 1995 entstandene Komposition „Shango Memory“ inspiriert vom Gott Shango aus der Yoruba-Tradition. Das dem Donnergott und Göttervater gewidmete Werk spiegelt die stilistische Pluralität Wilsons wider: Er war Jazzmusiker und komponierte sowohl elektronische Musik als auch Musik für großes Orchester – seine Einflüsse reichten von Luciano Berio bis Miles Davis. Einen zentralen Standpunkt nahm jedoch immer afrikanische und afroamerikanische Musik in seinem Schaffen ein. „Shango Memory“ verbindet Rhythmik und Harmonik, die an Strawinsky erinnert, mit Jazzelementen.
Peter I. Tschaikowsky (1840 – 1894)
Variationen über ein Rokoko-Thema A-Dur op. 33 (1877)
für Violoncello und Orchester
Bernd Alois Zimmermann (1918 – 1970)
Musique pour les soupers du Roi Ubu (1968)
Olly Wilson (1937 – 2018)
Shango Memory (1995)
Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975)
Sinfonie Nr. 9 Es-Dur op. 70 (1945)
Eine Veranstaltung des Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in Kooperation mit Berliner Festspiele / Musikfest Berlin